[Marc, Gastautor in meinem Blog, war jetzt mit dem Rolli in Venedig und davon berichtet er hier bei ZEITGEDANKE.org – Dankeschön für deine Zeilen lieber Marc 🙂 ]
Als mich Ulf fragte, ob ich mit ihm auf die Biennale nach Venedig wolle, reagierte ich zunächst skeptisch. Schließlich kann ich wegen der MS nur noch wenige hundert Meter weit gehen, und es stresst mich tierisch, wenn ich keine Toilette in der Nähe weiß – dann muss ich immer am dringendsten. Aber ich liebe auch diese Stadt und die moderne Kunst. Und weil Ulf nicht nur mein Freund und ein Schöngeist ist, sondern auch anpacken und organisieren kann, wollten wir das Abenteuer schließlich wagen.
Also besorgte ich mir im Vorfeld erst mal einen gebrauchten Aktiv-Rollstuhl. Nur mit so einem Teil durfte ich überhaupt hoffen, die Wegstrecken am Flughafen und in Venedig ohne Exitus zu bewältigen. Außerdem nahm ich am Rollstuhltraining von Nora und Thomas beim TV Laubenheim teil. Denn, wie geht man mit so einem Gefährt eigentlich um? Und wie muss ein Helfer im Bedarfsfall unterstützen?
Von Frankfurt nach Treviso
Am meisten Bammel machte mir der Flug, denn darüber hatte ich von anderen Rolli-Fahrern bereits regelrechte Horrorstories gehört. Und dass wir die Anreise mit dem irischen Billigflieger bestreiten würden, trug auch nicht eben zur Beruhigung bei – obwohl Ulf natürlich im Vorfeld alles im Chat mit Anita (Anna? Angela?) abgesprochen hatte. Am Check-in-Schalter machte ich (im Rolli sitzend) die erste interessante Erfahrung: Die Ryan-Air-Mitarbeiterin sprach exklusiv mit Ulf. Ich selbst fand nur in der dritten Person statt („kann ER noch ein paar Meter gehen?“). Hier schien die Formel „halbe Höhe“ ist gleich „kleines Kind“ zu gelten. Das geschah im weiteren Verlauf der Reise noch öfter. Ich nahm es den Leuten aber nicht übel. Keiner meinte es böse, nur der Umgang mit Behinderten scheint nach wie vor für die meisten unbekanntes Terrain zu sein.
Abgesehen davon rollte man mir für den Weg ins Flugzeug aber einen roten Teppich aus! Ein Mitarbeiter holte uns vom Schalter ab und begleitete uns zum Gate. Dort bestiegen wir einen Sonderbus, der uns direkt aufs Außenfeld und zur Maschine fuhr, und wäre ich die Treppe nicht selbst gelaufen, hätte man mich im Hubwagen ins Flugzeug befördert. Erst jetzt wurde mir mein Rolli abgenommen und verstaut. Alle Servicemitarbeiter waren total freundlich und hilfsbereit, und genau so problemlos lief es bei der Ankunft am Flughafen Treviso. Mein Rolli stand schon unten an der Gangway bereit und rucki-zucki saßen wir im Transferbus nach Venedig. Rolli-fahrtechnisch sind Flughäfen natürlich das Paradies! Solche Bodenbeläge findet man außerhalb praktisch nie, und es macht irre Spaß darüber zu heizen…
Ein Tipp noch: alles, was nicht fest am Rolli ist (Sitzkissen, Werkzeug etc.) abmachen und mit ins Flugzeug nehmen.
[Im nächsten Teil berichtet Marc von seinen Eindrücken in Venedig und wie er sich dort mit seinem Rollstuhl bewegen konnte. Ist Venedig geeignet für Rollifahrer, kommt man gut voran? Gibt es Grenzen und unüberwindbare Hindernisse? Freuen wir uns auf den zweiten Teil. Den gibt es morgen um die gleiche Uhrzeit 🙂]