Heute war Rollstuhlsporttag. Nach der Arbeit mit dem Auto hingedüst, vom Auto mit Gaspedal in den kleinen Porsche (so nenn ich meinen kleinen Flitzer) mit Handbetrieb gewechselt und auf zwei Rädern sportlich betätigt. Das hat wie immer viel Spaß gemacht und ich bin mittlerweile froh, dass ich meinen Aktivrollstuhl angenommen habe und auch kapiert habe, dass es eine Erleichterung ist, wenn ich auf längeren Strecken unterwegs sein möchte. Lange Strecken würde ich schon schaffen zu Fuß, aber dann bin ich so kaputt, dass ich keine Lust mehr habe.
Auf der Fahrt nach Hause habe ich, das passiert manchmal, darüber nachgedacht was ich früher alles gemacht habe, was ich alles konnte. Und all die Dinge, wie Rennrad fahren, Motorrad fahren, Joggen gehen, tanzen, durch die Stadt schlendern, Berge hochklettern…hach da sind sie wieder die Erinnerungen im Kopf und die Traurigkeit wegen des Verlusts. „Jetzt hör mal auf Dany, denk mal nach was du jetzt machst, das ist nix anderes nur langsamer und eben anders“. Meine innere Vernunftstimme sprang mir gleich in den Kopf und ich hörte auf mit der Trübsal.
Woher weiß ich denn ob ich all die Sachen jetzt immer noch so machen würde wie früher? Das kann mir niemand sagen, nicht mal ich selbst. Um diese Einstellung zu bekommen hat es bei mir mindestens vier Jahre gedauert, das ging nicht von heute auf morgen. Das war im Nachhinein gesehen eine harte und anstrengende Zeit und dabei konnte mir auch niemand helfen. Jetzt sitze ich hier schreibe einen neuen Artikel, habe vorhin noch Fotos vom Segeln bearbeitet und bin so froh, dass es doch irgendwie für alles Alternativen gibt.
Auch wenn es nicht zum Artikeltext passt, aber einpaar bearbeitete Segelfotos packe ich jetzt zwischen den Text. Einfach weil es so schön ist.
Für die Alternativen ist das Umdenken und Zurückdenken und an heute denken für mich dann oft noch schwer, weil ich am Anfang die Vergangenheit nicht mit der Realität austauschen wollte und manchmal auch nicht will. Ich meine die Vergangenheit wie das früher funktioniert hat und die Realität wie das heute aussieht. Auch das ist ein Prozess, bei mir ein langer und manchmal immer noch laufender Prozess. Jetzt freue ich mich, dass ich die Alternativen probiere und mich darauf einlasse und damit weiter Lebensfreude spüren kann. Und ich bin nicht allein damit, denn im Rollisport oder auch beim Rollstuhltanz gibt es Andere, denen es ähnlich geht. Jeder trägt dort sein Päckchen und geht trotzdem raus und hat Spaß. Das Leben ist viel zu kurz um sich zu verstecken. Ich hatte mich viel zu lang versteckt, hatte mich geschämt, dass ich nicht mehr richtig funktioniere in meiner Bewegung. Ich habe gelernt und begriffen, dass man das Leben lieben kann und soll auch wenn man diese blöde Krankheit hat.
Seit diesem Monat gehe ich zusätzlich zum Rollstuhlsport auch noch zum Rollstuhltanz und ihr könnt euch nicht vorstellen, wie breit ich grinsen kann, wenn mich mein Tanzpartner (ein älterer Herr, Fußgänger und Tänzer) mit mir durch den Saal fegt. Standard tanzen habe ich nie gelernt, ich hatte mich geweigert, einen Tanzkurs zu machen (damals), weil alle Mädchen einen Rock anziehen mussten. Nee das wollte ich nicht 😉 Und jetzt tanze ich mit zwei Rädern, kann mich ganz schnell drehen und bin nicht so sehr außer Puste. Und am Anfang der Stunde tanzen wir sogar ein Lied ohne Rolli und auch da grinse ich breit und lache dabei, weil Joachim schnell gemerkt hat, dass ich lieber führe 😉
Und was will ich jetzt mit all den Zeilen sagen? Diese Krankheit ist alles andere als leicht und auch wenn man Einschränkungen bemerkt und Dinge nicht mehr so gut kann wie früher so darf man niemals aufgeben und es gibt Alternativen, man findet sie, wenn man genau hinschaut. Und wenn es dauert bis man eine Alternative akzeptieren kann, dann dauert es eben ein bisschen. Und mit Alternativen bleibt das Leben wunderbar und es eröffnen sich neue Perspektiven, manchmal findet man neue Freunde und sortiert die aus, die einem nicht mehr gut tun. So ist das Leben und das Leben bleibt schön auch wenn man MS hat. Ich habe meine MS Anfang 2018 schon 25 Jahre und ich habe gute Tage und auch schlechte Tage. Klar trauer ich all meinen sportlichen Aktivitäten von früher nach und ich könnte jeden Tag heulen was ich nicht mehr so kann wie früher. Aber kann ich es jetzt ändern? Nein kann ich nicht, aber ich kann aus allem das Beste machen. Dann rolle ich eben, fahre Motorrad mit Beiwagen, tanze mit Rädern, fahre Fahrrad mit Pilot auf einem Tandem und alles andere ist doch immer noch wie früher.
Mein Leben war noch nie so spannend und abenteuerlich wie zur Zeit und am Samstag treffe ich mich mit einem sehr guten Freund und wir werden eine archäologische Ausgrabung durchführen und hoffentlich einen ägyptischen Schatz finden. Ich werde berichten 😉
Dany, ich lese immer sehr gerne deine Einträge und bin jedesmal überrascht, was du alles unternimmst. Und du hast ganz recht, auch für die sog. „Gesunden“ ändern sich im Laufe des Lebens die körperlichen Möglichkeiten und Einschränkungen stellen sich ein, aber es gibt immer wieder Alternativen! Und man wird auch weiser, ein bisschen wenigstens!
Liebe Grüße
Wally
Wunderschön! Ich lese deine Texte so unheimlich gern und find’s toll, dass du so eine positive Einstellung zu allem hast (ich weiß dass die Aussage irgendwann nervt aber ICH darf dir das sagen weil es mich auch manchmal nervt haha).
Und du hast ja sowas von recht, man weiß nie, ob man manche Dinge nicht auch ohne MS geändert hätte. Einfach nur weil man sich eben auch selbst verändert.
Alles Liebe,
Claudia
Mich nervt diese Aussage überhaupt nicht liebe Claudia. Ich freue mich sogar sehr darüber 🙂 Kannst mir also gern ganz viele Kommentare schreiben, dass du es toll findest, dass ich so eine positive Einstellung habe, dann grinse ich bis zu den Ohren und freue mich bis zum Mond und wieder zurück 😀
Eine andere Einstellung macht das Leben doch nur noch schwerer….
Schönen Abend
Liebe Grüße
Dany